Gemeinsam die Zukunft gestalten

Photovoltaik auf Freiflächen


Photovoltaik auf landwirtschaftlichen Flächen im Jossgrund

Nach dem Ende der Begrenzung der Solarstromförderung („Solardeckel“) und neuen Festlegungen zu den verwendbaren Flächen, scheint der Bereich der Freiflächensolaranlagen stark zu expandieren. Die hessische „Freiflächensolaranlagenverordnung“ ermöglicht seit dem 30.11.2018 in Hessen den Bau von PV-Anlagen in „benachteiligten landwirtschaftlichen Gebieten“. Bislang waren sie nur auf Konversionsflächen (ehemalige Deponien etc.) sowie entlang von Autobahnen und Schienenstrecken zulässig. In Hessen gelten damit ca. 320.000 Hektar landwirtschaftliche Flächen als benachteiligt. Sie machen etwa zwei Fünftel des Acker- und Grünlands aus. Damit die hessische Landwirtschaft auch in Zukunft ausreichend Flächen zur Verfügung hat, begrenzt die Verordnung den Zubau von Freiflächen-Anlagen auf 35 MW pro Jahr. Das entspricht einer Fläche von rund 50 Hektar – also nur ein Bruchteil. Auch sind auf geschützten Naturflächen nach der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie die Anlagen nicht gestattet. „Landwirtschaftlich benachteiligtes Gebiet“ ist im Jossgrund nahezu das gesamte Gemeindegebiet (siehe Grafik), nur Natura 2000 Gebiete (Beilstein, Jossa-Auen, ...) sind ausgenommen.

Quelle: „Energieland Hessen“ (Karte: https://hessen.carto.com/u/landesplanunghessen/builder/91a99f62-bdf8-4bc7-9653-af2d280ef88c/embed)


Bebauungsplan für Freiflächensolaranlagen

Freiflächensolaranlagen müssen auf der Grundlage einer örtlichen Baugenehmigung gebaut werden. Hierfür ist ein Bebauungsplan erforderlich. Auf diesen beruft sich auch das Erneuerbare Energien Gesetz. Ohne Bebauungsplan ist ein Netzbetreiber nicht verpflichtet, die Einspeisevergütung für den Solarstrom zu zahlen. Und ohne Einspeisezusage für die PV Großanlage wird eine Investition auf einer Freifläche unwirtschaftlich. (Quelle: www.Solaranlagen-Portal.com).

Die Erstellung eines entsprechenden Flächennutzungsplans/Bebauungsplan ist aufwändig und der Prozess dafür kann bis zu über einem Jahr dauern. Ist eine Gemeinde weder Grundstücksbesitzer noch Investor, ist der Bebauungsplan auch die einzige Möglichkeit; Einfluss auf die Projekte zu nehmen, z.B. durch detaillierte Anforderungen bzgl. Naturschutz, Flächenbewirtschaftung etc. Zudem ist im Prozess vorgesehen, die Öffentlichkeit frühzeitig zu beteiligen und zu informieren.

Ein räumlich naheliegendes Beispiel dafür ist die Planung für eine 4,4 ha große „Freiflächenphotovoltaikanlage“ an der A66 in Bad Orb. Die Unterlagen dazu finden sich in https://stadt-badorb.de/index.php?object=tx|3157.5&ModID=255&FID=3157.673.1 (das PDF mit dem Titel „3.0-Textteil-BBpl.-Freiflaechenphotovoltaikanlage-2020-02-14“ ist der 52-seitige Bebauungsplan)


Erträge von Freiflächensolaranlagen

Hierzu gabs in letzter Zeit einige Leserbriefe in der GNZ, die Erträge von Freiflächensolaranlagen unterschiedlich bewertet und die Flächenerträge insbesondere mit Biogas-Anlagen verglichen haben. Nachfolgend unser Versuch, dies korrekt darzustellen:

Vorab sollte man zwischen Leistung und Energie unterscheiden, das ist in den Leserbriefen nicht immer klar unterschieden. Hier geht es um Kilowatt (kW) als Leistung bzw. Kilowattstunden (kWh) als Energie. Für eine Fotovoltaikanlage wird die „Peak“-Leistung angegeben, das ist die theoretische Maximalleistung der Module (optimale Sonneneinstrahlung im richtigen Winkel, richtige Temperatur etc.). Die reale Leistung schwankt erheblich, nachts ist sie Null, in der Mittagssonne kann sie der Peak-Leistung nahe kommen. 

Für Freiflächensolaranlagen geht man (Quelle z.B.: https://www.photovoltaik.org/beispiele/freiflaechenanlage) davon aus, dass sich Module mit einer Peak-Leistung bis 1000 kW pro ha aufstellen lassen, der jährliche Ertrag wird mit 400.000 bis 500.000 kWh pro ha angegeben.

Für einen Maisacker kann man keine Leistung angeben nur eine Angabe des Energiegehalts ist sinnvoll. Die „Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe“ (https://www.fnr.deibt dazu folgende Werte an:

  

Biogasertrag von: 1 ha Silomais (40 - 60 t FM**) ergibt 3.956 - 5.934 Nm³ Methan ≙ 14.985 - 22.477 kWhel./ha*

 

Also 1 ha Silomais ergibt ca. 15.000 bis 22.500 kWh Strom (pro Jahr).

Vergleicht man also Maisanbau und Photovoltaik pro Hektar, liefert die Solaranlage etwa den 20 bis 30 fachen Stromertrag. Aber das ist nur ein einziger Teilaspekt. Für eine vollständige vergleichende Bewertung müsste man eine Vielzahl von Details vergleichen. Nachfolgend nur eine Auswahl:

  • Mais kann im Silo über viele Monate „gespeichert“ werden, das daraus erzeugte Gas zumindest kurzfristig. Die Photovoltaikanlage müsste dazu mit einem sehr teuren Batteriespeicher aufgerüstet werden, der nur kurzfristige Stromlücken ausgleichen kann.
  • Der Gasmotor der Biogas-Anlage liefert zusätzlich das 2-3 fache der Stromenergie an Wärmeenergie die, wie ja in Burgjoß realisiert, in ein Fernwärmenetz eingespeist werden kann. Die Wechselrichter einer Photovoltaikanlage liefern nur geringe Abwärme, die kaum sinnvoll genutzt werden kann.
  • Energiepflanzen wie Mais werden mit einem hohen Pestizid-Einsatz bewirtschaftet, bei der Wiese unter PV Modulen muss das nicht sein, diese könnte extensiv bewirtschaftet werden.
  • etc...


Aktuelle Situation im Jossgrund 

Im Jossgrund werden z.Z. auf 2 oder ggf. sogar schon 3 großen, bisher landwirtschaftlich genutzten Flächen Photovoltaikanlagen durch Investoren geplant. Bürgermeister Schreiber hat das Thema in Gemeindevorstand und Gemeindevertretung eingebracht, im Haupt-, Bau- und Finanzausschuss gab es am 30.11. eine Projektvorstellung. Ziel ist einen Grundsatzbeschluss der Gemeindevertretung zu erzielen, eine Bürgerversammlung dazu wird vorgeschlagen (Quelle: Amtsblatt Nr.6/2020 der Gemeinde Jossgrund). Beteiligung der Öffentlichkeit ist für die Erstellung der Bebauungspläne zusätzlich erforderlich (s. o. unter „Bebauungsplan für Freiflächensolaranlagen“)

Weitere Informationen aus der Presse dazu:

GNZ, 11.12.2020 „Sonnenstrom auf dem Waldplättchen ?“
Privater Investor, Grundstück gehört Flörsbachtal, Gemarkung Jossgrund, 7ha, nahe Flörsbacher Höhe, Kaufangebot 145.000€ (1,95€ pro qm), Leistung 8 MW Peak, Investitionssumme 6.000.000€, Einspeisung in vorbeilaufende 20 KV Leitung

GNZ, 18.12.2020 „Bedingungen für Sonnenstrom“
(Entspricht den „Mitteilungen des Bürgermeisters“ aus dem Amtsblatt Nr.6/2020 der Gemeinde Jossgrund) Nachdem mittlerweile 2 Anfragen zur Errichtung von Freiflächenphotovoltaikanlagen vorliegen, hat die Verwaltung einen Forderungskatalog mit einer Flächenbegrenzung auf 10 ha pro Gemarkung erarbeitet, den der Gemeindevorstand beraten und beschließen solle. „Ziel hierbei sei, über einen Grundsatzbeschluss der Gemeindevertretung Rahmenbedingungen für solche Vorhaben festzulegen“.

 

Update 10.04.2021
Aufruf der Kreiswerke / Versorgungsservice Main-Kinzig
In ihrem Informationsblatt "Strömung" Ausgabe 01/2021, das an alle Haushalte verteilt wurde, sucht die Versorgungsservice Main-Kinzig unter der Überschrift  "Die Sonnenseite der Region" Grundstücksbesitzer für künftige "PV-Parks".
Hierzu weißt die FWG darauf hin, das zur Nutzung von Flächen im Jossgrund die Erstellung eines entsprechenden Flächennutzungsplans/Bebauungsplans der Gemeinde Jossgrund erforderlich ist. Hier soll ein Grundsatzbeschluss der Gemeindevertretung herbeigeführt werden. Zur Vorbereitung dazu soll eine Bürgerversammlung durchgeführt werden um die Bürger zu informieren und ein Meinungsbild einzuholen (s.o). Dies wird von der FWG unterstützt.